Weihnachten gilt als das Fest der Liebe, der Familie und der Besinnlichkeit. In der Realität vieler Familien – auch in unserer eigenen – zeigt sich jedoch ein anderes Bild: gestresste Eltern, überdrehte Kinder und Spannungen, die sich oft genau dann entladen, wenn eigentlich alles harmonisch sein sollte. Die Erwartungen an das Fest – und an uns selbst – sind hoch. Wir Eltern wollen alles richtig machen, jedem Wunsch gerecht werden und eine perfekte Atmosphäre schaffen. Doch dieser Anspruch hat seinen Preis.
So kann die Weihnachtszeit oft auch herausfordernd sein. Wir möchten unseren Kindern unvergessliche Erlebnisse schenken, den Erwartungen der Großeltern gerecht werden, Geschenke besorgen, ein stimmungsvolles Festessen vorbereiten, das Haus dekorieren und gleichzeitig selbst besinnlich sein. Eine Mutter formulierte es neulich sehr treffend: „Ich will, dass meine Kinder Weihnachten als etwas ganz Besonderes erleben. Aber ehrlich gesagt bin ich am 24. einfach nur erschöpft.“ In dem Bemühen, alles richtig zu machen, verlieren wir nicht selten den Kontakt zu uns selbst – und dadurch auch zu unseren Kindern.
Dabei sind es nicht die „perfekten“ Abläufe oder die materiellen Geschenke, die bei unseren Kindern in Erinnerung bleiben. Es ist das Gefühl, das in der Luft lag. Die Stimmung am Küchentisch, die Blicke, das gemeinsame Lachen, vielleicht auch die Tränen. Jesper Juul, der dänische Familientherapeut und Begründer von familylab, hat es so formuliert: „Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sondern präsente.“ Unsere emotionale Verfügbarkeit ist also wichtiger als jeder Adventskalender mit handgebastelten Türchen.
Ein erster Schritt in Richtung mehr Verbindung kann ein offenes Gespräch im Familienkreis sein. Was ist jedem Einzelnen an Weihnachten wirklich wichtig? Oft sind es gar nicht die großen Inszenierungen, die zählen. Ich erinnere mich an einen Vater, der erzählte, wie erleichtert er war, als seine Kinder sich am liebsten ein Raclette wünschten – nicht das aufwändige Festmenü, das er jahrelang unter großem Stress vorbereitet hatte. Es lohnt sich, eigene Erwartungen und familiäre Traditionen zu hinterfragen – liebevoll und ehrlich. Auch die Frage nach den Geschenken lässt sich neu betrachten. Unsere Kinder brauchen keine Fülle an Päckchen, sondern Resonanz und echte Aufmerksamkeit. Wie Dr. Katrin Wilhelm, Neurowissenschaftlerin und Bindungsexpertin, betont, ist emotionale Verbindung entscheidender für die kindliche Entwicklung als jede materielle Gabe.
Ebenso hilfreich kann es sein, sich vom Gefühl der Verpflichtung zu befreien, an allen vorweihnachtlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Der Druck, alles unterzubringen – das Krippenspiel, die Vereinsfeier, den Familienbesuch in drei Haushalten – führt oft zu Überforderung. Sich bewusst für weniger Termine und mehr echte Zeit miteinander zu entscheiden, ist kein Verlust – sondern eine Einladung zur Qualität.
Auch die Gestaltung des Festes selbst kann gemeinschaftlich gedacht werden. Kinder wollen nicht nur Zuschauer, sondern Mitgestalter sein. Der Baum muss nicht aussehen wie im Einrichtungskatalog – wenn Kinder beim Schmücken mitbestimmen dürfen, entsteht Beteiligung und Zugehörigkeit. Vielleicht sind die Kugeln schief gehängt, dafür aber mit Herz. Und genau das zählt.
Nicht zuletzt darf Weihnachten auch emotional sein – und das heißt nicht nur fröhlich. Für viele Menschen – auch für uns Eltern – sind die Feiertage mit ambivalenten Gefühlen verbunden: Erinnerungen, Verluste, Spannungen aus der eigenen Kindheit. Unsere Kinder spüren diese Stimmungen oft intensiver, als wir denken. Deshalb ist es wichtig, all diesen Gefühlen Raum zu geben – auch Enttäuschung, Überforderung oder Traurigkeit dürfen da sein. Wenn wir aufhören, an den Feiertagen nur das „Schöne“ zuzulassen, entsteht eine neue Tiefe. Denn Echtheit schafft Verbindung – und damit das, was Weihnachten wirklich ausmacht.
Weihnachten darf echt sein. Unperfekt, lebendig, berührbar. Wenn wir uns trauen, weniger zu tun, aber mehr da zu sein, schaffen wir den Raum für das, was zählt: echte Begegnung. Und das ist vielleicht das größte Geschenk, das wir unseren Kindern machen können.
Autorin: Britta Peitz
Koordination Familienzentrum Eckernförde Süd
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